Potthoff-Journal

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03 April 2006

"Ich lebe noch heute im Zwiespalt" - Krawehl arbeitet die Vergangenheit des Vaters auf

von Ulrich Potthoff
Wunstorf. "Es ist ein Treppenwitz, dass mein Vater nur als Mitläufer eingestuft wurde", sagt Otto Krawehl (67), Sohn des gleichnamigen Ortsgruppenführers und später von den Nationalsozialisten eingesetzten Wunstorfer Bürgermeisters.

"Ich lebe noch heute im Zwiespalt zwischen dem liebevollen Vater und dem Mann, der Schuld auf sich geladen hat", sagt Otto Krawehl. Er erforscht, warum der Vater vom Pädagogen zum Nazi-Ideologen geworden war. "Wir müssen offen darüber sprechen, wie es damals dazu kam und wie heute Widerstand gegen rechtsradikale Tendenzen zu leisten ist", meint Krawehl.

Er selbst sei mit den Jahren nachdenklich geworden. "Viele haben meinen Vater in den Nachkriegsjahren als anständigen Kerl bezeichnet", erinnert sich Krawehl. "Viele Menschen sehen heute die Verfolgung der Juden als anonymen Prozess", stellt der gelernte Elektroingenieur und spätere Berufsschullehrer fest. Anonym ist das für Krawehl ganz sicher nicht. "Seht ihr, was darunter steht", fragte er im Frühjahr Besucher der Ausstellung "Sie waren Bürger von Wunstorf", die eine Liste jüdischer Bürger betrachteten, die deportiert werden sollten. Ganz unten die Unterschrift von Krawehls Vater.

"Der Bruch mit den Taten meines Vaters und aller Nazis war für mich ein fließender Prozess, wie für viele in der Gesellschaft", beschreibt Krawehl die Entwicklung. Äußerungen des UWG-Ratsherrn Güner Roßner (64) gegen Straßenbenennungen nach jüdischen Opfern bezeichnet er als "unangebracht und fürchterlich.

Mit seiner Tochter Iris (28) initiierte er das Konzert des Sandfeld-Quartetts am Sonntag, 10. November, von 11.30 Uhr an, in der Aula des Hölty-Gymnasiums. Damitz wird an die Pogromnacht am 9. November 1938 erinnert. Das Bündnis Weiße Rose zeigt in diesem Rahmen noch einmal seine Ausstellung "Sie waren Bürger von Wunstorf". Sie kann bereits ab 11 Uhr besichtigt werden.
(Leine-Zeitung vom 8.11.2002)

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